Ihr werdet uns brauchen. (2/8)

Weil wir schweigen.

 

In den meisten christlichen Tradition spielt die Mystik eine mehr oder weniger wichtige Rolle. Für den flüchtigen Betrachter mag die Mystik etwas von Weltflucht an sich haben, aber das Gegenteil ist der Fall. Wir üben uns im Schweigen, im Stillwerden, im Loslassen, im Schauen, im Wahrnehmen, um die uns umgebende Wirklichkeit an uns heranzulassen, sie zuzulassen, sie anzuschauen, und das, ohne zu werten oder zu urteilen. Wir lassen die Dinge so, wie sie sind. Wir lassen auch uns selbst, wie wir sind. Darin nehmen wir die "Rechtfertigung des Sünders allein aus Gnaden", den zentralen Gedanken der evangelischen Kirche, ernst und bekennen, dass Gott uns so, wie wir sind, und nicht anders, annimmt, was uns dazu anregt, selbst genauso mit uns umzugehen. Das ist eine Grundvoraussetzung für das Wachstum von Vertrauen, das nach einiger Übung sich in der Haltung von Gelassenheit auswirkt, die wiederum auf andere, ansteckend wirkend, ausstrahlen kann. Aber all das braucht Übung, Geduld, Zeit, Ausdauer. Unsere normalen Tagesabläufe geben nicht automatisch Gelegenheit dazu. Es bedarf dazu die Entschlossenheit, den festen Willen und die Stetigkeit: Von selbst geht das nicht. Solange uns das gelingt, wird das sowohl für uns selbst wie auch für unsere Umgebung und wie am Ende auch für die gesamte Gesellschaft nicht ohne Wirkung bleiben. 

 

(Fortsetzung)

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