Hier ist die Straßenfront der Christuskirche im Düsseldorfer Stadtteil Oberbilk zu sehen. An dieser Kirche habe ich von 1993 bis 2008 als Pfarrer gearbeitet.
Wie heute ist mir damals schon, wenn ich unter der Woche hier zu Fuß, mit der Straßenbahn oder mit dem Auto vorbeigekommen bin, aufgefallen, wie verschlossen, abgeschottet, abweisend, desinteressiert, gleichgültig sie je auf jene wirken muss, die in ihre Nähe geraten. Eigentlich müsste sie doch offen stehen, von morgens bis abends, man müsste doch jederzeit in sie hineingehen dürfen, wie das an einer anderen Kirche, an der ich Dienst getan habe, am Altenberger Dom, auch möglich ist. Eigentlich. Aber mir fehlten die Leute, das Geld, das Konzept und der Mut dafür.
Meistens habe ich dieses Bild verdrängt. "Das Evangelium braucht keine Steine", sagen wir Evangelischen gerne, sondern Menschen, die sich versammeln, was sie ja auch taten, am Sonntagmorgen im Gottesdienst, beim Abendgebet am Mittwoch und aus manchen kirchenmusikalischen oder sonstigen Anlässen. Aber sonst, also meistens, war - und ist sie heute auch noch - zu. Verschlossen mit jener schweren Messingtür. Unfreiwillig und unbemerkt sendet sie eine Botschaft - die Botschaft einer in sich verschlossenen und mir sich selbst beschäftigten evangelischen Kirche. Irgendwann haben wir daraus Konsequenzen gezogen. Unzugängliche Kirchen sind zu teuer. Also haben wir einige aufgegeben. Was wiederum einen weiteren Effekt auslöste: Kolleginnen und Kollegen im Pfarramt und Gemeindeglieder gewinnen zunehmend die Überzeugung, dass die Zeit der Volkskirche vorbei ist. Dass also die Kirche nur noch für die da ist, die sich in ihr versammeln. Und das sind zu wenig.
Halten wir die Kirche weiter geschlossen? Mit allen Konsequenzen, die sich daraus ergeben?
Oder öffnen wir die Kirche und halten sie offen? So dass jeder willkommen ist. Von Morgens bis Abends.
Können wir gar nicht leisten, höre ich sagen. Wo soll das Geld dafür herkommen, wo sind die Leute, die dafür gebraucht werden, wer macht die Konzepte, wer hat den Mut dafür? Und außerdem, was für ein Aufwand, die Kirche offen zu halten, dann kommt keiner und alles war umsonst.
Und dem halten wir entgegen: Genau das ist die Chance. Wenn wir die Menschen gewinnen, die dafür gebraucht werden, die die Ideen haben, die ihr Herzblut investieren, die sich dahinter klemmen, die hier etwas entdecken, wofür sich alle Mühe lohnt - dann haben wir die besten Voraussetzungen für dynamische, zuversichtliche Gemeinden. Sie werden auch finanziell gut ausgestattet sein. Und vom "Ende der Volkskirche" wird kein Mensch mehr reden.
Man stellen sich vor: Alle evangelischen Kirchen stehen offen. Von morgens bis abends. Jeder kann jederzeit kommen und da sein. Auch dann, wenn kaum jemand davon Gebrauch macht: Allein das Wissen: Da ist bei mir um die Ecke eine offene Kirche und ich kann, ich könnte jederzeit dort hingehen - allein dieses Wissen ist in der Lage, ein Stadtbild zu verändern. Offene Kirchen prägen die Stadtsilhouette, in der sie stehen. Verschlossene Kirchen… auch!
Eine funktionierende Gesellschaft braucht eine lebendige Volkskirche.
Eine lebendige Volkskirche braucht verlässlich offene Kirchen.
Verlässlich offene Kirchen brauchen ein gut geschultes Priestertum der Getauften.
Ein gut geschultes Priestertum der Getauften braucht eine geübte biblische Lebenskunst.
In den nächsten vier Tagen werde ich hier ein Modell der biblischen Lebenskunst in der Volkskirche vorstellen: (2/5) zu Hause, (3/5) allein, (4/5) öffentlich. Dann gibt es noch einen Epilog (5/5). Diese Texte werden auf Facebook und meiner Seite dreimalvier.online zu lesen sein.
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