Seine Pfingstpredigt im Kölner Dom macht begreiflich, warum ihn viele nicht mehr verstehen.
"Die Kirche ist von Gott geschaffen. Sie ist nicht unser Werk, über das wir zu befinden hätten", sagt Kardinal Woelki in seiner Pfingstpredigt. Jesus habe als Architekt der Kirche auch ihr Gefüge und ihre Ordnung gegeben. "Das dreigestufte Amt in der Kirche – also Bischöfe, Priester und Diakone – ist eine Gabe des Heiligen Geistes für seine Kirche und damit für uns alle"
Das ist ein zentraler Gedanke aus der Pfingstpredigt 2022 des Kölner Erzbischofs. Er verbindet ihn mit einer Warnung: "Sich von der Kirche entfernen heißt, den Geist verwerfen und sich damit vom Leben auszuschließen." Er nennt das "ein klares Bild von der Kirche" und fordert die Gemeinde auf, zu "durchbeten", was Jesus der Kirche "eingestiftet" habe. "Nur so bleiben wir davor bewahrt in eine Vielzahl von Gruppen auseinander zu fallen und damit die kirchliche Einheit aufzulösen."
Woelki verschanzt sich hinter sterilen dogmatischen Richtigkeiten. Die Gegenwart, die Menschen, die da im Dom vor ihm sitzen, die Kirche dieser Tage, die kommen mit keinem Wort vor. Auch verwehrt er einen Blick auf die Kirche, wie sie wirklich geworden ist. Tatsächlich war die Kirche und ihre Ordnung für Jesus kein Thema. Dass er seinen Jüngern eine Kirche oder eine Kirchenordnung hinterließ, davon kann keine Rede sein. Am Pfingsttag wussten sie nicht, was eine Kirche ist. Diese bildete sich nach und nach, und zwar in einem höchst spannungsvollen und konfliktreichen Prozess. Die Ordnung und die Ämter waren für lange Zeit keineswegs einheitlich und richteten sich pragmatisch nach den jeweiligen Bedingungen und Erfordernissen.
Woelki würde das wohl alles nicht bestreiten und darauf hinweisen, dass er wiedergebe, was die Lehre über die Kirche sagt. Aber genau damit lenkt er den Blick von der Wirklichkeit seiner Kirche weg. Er fordert die Gemeinde auf, ein abstraktes, lebloses Bild von der Kirche - was er ein "klares Bild" nennt - zu meditieren, ohne dass die kirchliche Wirklichkeit zu Gesicht kommt. Er lässt damit erkennen, dass er in einer völlig anderen Welt lebt als seine Predigthörerinnen und -hörer, in einer Scheinwelt, und dass die echte Kommunikation zwischen dem Prediger und seiner Gemeinde blockiert ist. Sie besteht nur noch in der Aufzählung dogmatischer Lehrsätze. Man könnte auch sagen: Trotz aller wohlgesetzten Worte herrscht in Wahrheit eisiges Schweigen.
Die Aufgabe einer Pfingstpredigt wäre aufzuzeigen, dass und wie die Kirche, die wirkliche, real existierende Kirche trotz allem tatsächlich Kirche ist und sein kann. Dass und wie sich trotz allem Evangelium, Versöhnung, Heilung, Glauben ereignet. Dazu ist der Erzbischof aber offensichtlich nicht mehr in der Lage. Stattdessen zieht er sich in die tote Scheinwelt des Dogmas zurück, ist dort nicht mehr erreichbar und erreicht viele der Gläubigen nicht mehr.
Als Protestant, der zwar nicht katholisch sein will und gleichwohl für die katholische Kirche Bewunderung und Respekt hegt, hoffe ich, dass der Synodale Weg aufzeigt, wie die katholische Kirche auch in Zukunft eine Zukunft hat und echte, wirkliche, lebendige Kirche sein kann.
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