(2) Die Geschichte der evangelischen Freiheit

Markus 1,9-11

 

Der für die Turmbauer unerreichbare Himmel öffnet sich, unerwartet und völlig überraschend. Der Geist war keine Taube, aber wie eine solche herabzuschweben gewohnt ist, so kam er, eben aus den Himmel, auf Jesus herab: Du bist mein Sohn, du bist geliebt, an dir habe ich meine Freude. Man sieht Gott nicht, wie in aller Regel auch sonst in der Bibel, aber dass er anwesend ist, hier und jetzt, das kann man wahrnehmen. Die Geschichte von Jesus, die die Evangelien erzählen, lässt sich als Kettenreaktion wahrnehmen, die durch seine Taufe ausgelöst wird. Jeder, der Jesus begegnet, macht in dieser Begegnung diese Erfahrung: Man sieht Gott nicht, aber dass er anwesend ist, hier und jetzt, das kann man wahrnehmen. Wer Jesus begegnet, der begegnet Gott selbst. Was Jesus erlebt hat, strahlt er aus, und von dieser Ausstrahlung werden viele, die ihm begegnen, erfasst. Die spürbare Anwesenheit Gottes weckt Glauben, sie stellt Menschen und ihre Würde wieder her und heilt sie, sie bewirkt Versöhnung, Vergebung und Frieden, sie befähigt Menschen, ihre Berufung anzunehmen und zu leben. Es sind allesamt Erfahrungen von Befreiung - von Krankheit, Tod, Schuld, Angst, Blockaden, Isolierung, Lähmung, Besessenheit, Sprachlosigkeit und dergleichen. Diese Befreiung ist es, die Glauben bewirkt. Jesus nennt das, was hier geschieht und was er, durch das Erlebnis seiner Taufe befähigt, auslöst, das Reich Gottes. Dadurch wird jedoch auch den Widerstand gegen ihn ausgelöst, und zwar bei jenen, die sich bisher und immer schon als zuständig betrachteten, den Zugang zu Gott herzustellen. Mit der Befreiung wächst auch die Bedrohung. Freiheit stößt, je mehr sie wächst, auf den ebenso wachsenden Widerstand. Bis dahin, dass sie ihm unterliegt. Jesus wird verhaftet, ihm wird der Prozess gemacht, er wird zum Tode verurteilt und hingerichtet. Seine Schülerinnen und Schüler sind völlig verunsichert, entsetzt, haben Angst, denn damit haben sie nicht gerechnet. Sie sind völlig überrascht. Ihr Glaube bricht zusammen. Der Himmel, der sich bei der Taufe Jesu geöffnet hatte, ist wieder verschlossen:

 

Markus 15,33-34

 

Damit sind wir wieder da, wo die Turmbauer von Babel auch schon waren, unter einem schweigenden, verschlossenen oder leeren Himmel. Wichtig ist, dass das nicht zum Ende, nicht zur Verzweiflung, nicht zur Katastrophe führt. Das Leben derer, die das miterlebt haben, die Frauen und Männer um Jesus endet hier nicht. Es geht weiter. Aber sie haben keine Hoffnungen mehr, sie machen sich nie wieder irgendwelche Illusionen, werden sich nie wieder für was auch immer begeistern können, sie brechen nie wieder, wohin auch immer, auf. Es ist vorbei. Sie kehren zurück an ihre Orte, sie fristen dort ihr Leben, irgendwann spürt man ihre Enttäuschung und Bitterkeit nicht mehr, weil das irgendwann mal so lange her sein wird, sie sind weltlich, religiös gleichgültig, säkular, und weiß jenseits des Himmels ist, das geht sie nichts mehr an. Wenn nichts weiter passiert wäre - warum hätte man damit rechnen sollen? - dann wäre es so gekommen. Aber es ist etwas passiert. Darauf kommen wir später zurück. Zunächst kehren wir aber noch mal in die Zeit der Turmbauer zurück. Denn auch dort hätte man nicht damit rechnen können, dass da was passiert. Die Menschen kehren zurück an ihre Orte, sie fristen dort ihr Leben, irgendwann spürt man ihre Enttäuschung und Bitterkeit nicht mehr, weil das irgendwann mal so lange her sein wird, sie sind weltlich, religiös gleichgültig, säkular, und was jenseits des Himmels ist, das geht sie nichts mehr an. Und auch dort ist was passiert, völlig überraschend; was, das wird fast unmittelbar im Anschluss an die Turmbaugeschichte erzählt

 

(3) Die Geschichte der evangelischen Freiheit (in Arbeit) 

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